Santiago, Seengebiet und Patagonien

Santiago

Im Frühjahr 1998 ist es wieder mal soweit: Die Reise geht diesmal nach Chile. Mit Lan Chile LA701 fliegen wir von Frankfurt aus nach Santiago, vom zeitigen Frühling in den späten Herbst.

Zwischen Anden und Meer liegt Chiles Herz und Hauptstadt Santiago, eingebettet in ein flaches Bassin, das im Norden vom Aconcagua-Tal und seitlich von den beiden Kordilleren begrenzt wird.

Die ersten drei Tage verbringen wir in der chilenischen Hauptstadt, übernachten im Hotel "Fundador" und unternehmen mit unseren Mietwagen Ausflüge in die nähere Umgebung. Bei dem hier herrschenden Verkehrschaos ist das jeden Tag ein neues Abenteuer. Eingekeilt in eine Armada gelber Busse suchen wir uns den Weg aus der Stadt heraus.

Wir hegen den Verdacht, daß die Hotelangestellten jeden Tag aufs Neue wetten, ob wir 1. den Weg zurück finden und 2. das Auto wieder heil zurückbringen.

Erstes Ziel ist Portillo: Chiles Wintersportgebiet #1 in den Anden - das zumindest war es einmal 1962, als hier die alpinen Skiweltmeisterschaften statt fanden.

Mit dem Auto kommt man bis auf ca. 3.000m hoch, rechter Hand schlängeln sich die Gleise der außer Dienst gestellten Andenbahn auf verfallenen Stützen zur Paßhöhe hinauf.

Der alte Bahnhof ist Geschichte, der Weg durch den Tunnel zur argentinischen Grenze bleibt uns verwehrt. Es wird also nichts mit einem Blick zum Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas, dessen Südwand wir in aller Pracht bereits aus dem Flugzeug betrachten konnten.

Und Santiago hüllt sich am Nachmittag in undurchdringlichen Smog - von den Anden ist weit und breit nichts zu sehen.

Tags darauf machen wir einen Abstecher nach Viña del Mar und Valparaíso. Nach einem Kampf durch das Verkehrsgetümmel der Hauptstadt verlassen wir die 6 Millionen Metropole in nordwestlicher Richtung und erreichen nach 100 km den Pazifischen Ozean. Unsere weitere Tour führt dann in südlicher Richtung immer entlang der Küste nach Viña del Mar. Davor machen wir einen Abstecher über sandige Pisten in das kleine malerische Fischerdorf Horcon mit seinen farbenprächtigen Häusern und Booten.

In Valparaíso parken wir vor der Militärakademie an der Muelle Prat, die Wachposten drücken ein Auge zu und so haben wir einen kostenlosen bewachten Parkplatz.

Wir bummeln zum Hafen und durch die malerischen Gassen, ehe wir die etwa zweistündige Rückfahrt nach Santiago antreten. Über einen der 18 Hügel (Cerros) finden wir dann auch den richtigen Weg nach oben und werden mit einem schönen Ausblick auf Valparaíso und Viña del Mar belohnt.

In Santiago stürzen wir uns dann abends ins Getümmel der Großstadt, besuchen den Mercado Central und rasten anschließend gemütlich an der Plaza de Armas bei Churrasco und Chop. Den Abend beschließen wir an der Hotelbar mit einem Pisco Sour, dem chilenischen Drink.
Nach den schönen Tagen im Gebirge und am Meer haben wir mit unserer dritten Tour Pech: Es regnet wie die Sau und der Ausflug in den Cajon del Maipo fällt buchstäblich ins Wasser.

Aber die Martins geben nicht auf und fahren mit dem Auto so weit wie es die verschlammten Straßen erlauben. Doch irgendwann ist Schluß und wir treten den Heimweg an, denn von der grandiosen Kulisse der 6000er sind nur ein paar Schneereste zu erkennen.

Seengebiet

Das nächste Ziel unserer Reise ist das chilenische Seengebiet, etwa 1000 km südlich von Santiago gelegen. Mit der LAN fliegen wir in knapp einer Stunde nach Puerto Montt, der mit 120.000 Einwohnern bedeutendsten Stadt der Region.

Die Abholung vom Flugplatz geht gründlich daneben und so nehmen wir ein Taxi zu unserem Hotel "Cabañas del Lago" am Ufer des Lago Llanquihue in Puerto Varas. Das Taxigeld holen wir uns natürlich bei der Agentur zurück, die gepennt hat.

Aber dafür klappt am nächsten Tag der Start unserer gebuchte Tour nach San Carlos de Bariloche in Argentinien. Die Tour ist als Lake Crossing bekannt und überquert die Anden auf dem "Seeweg" in einer Kombination aus Boot- und Bustour.

Nach einem frostigen Morgen mit einer beeindruckenden Aussicht zum Vulkan Osorno und einem reichhaltigen Frühstück besteigen wir den Bus von Puerto Varas zum Ausgangspunkt unserer Tour.

Eine der schönsten Panoramastraßen Chiles führt um diesen wunderschönen See und geht weiter über den Petrohue-Wasserfall zum Lago Todos los Santos, dem Allerheiligensee.

Hier geht's dann aufs Schiff, das uns quer durch den Nationalpark Vicente Pérez Rosales zum Hotel nach Peulla bringen wird. Die ganze Tour ist einmalig: das Wetter paßt und linker Hand werden wir ständig von den schneebedeckten Vulkanen Osorno und Puntiagadu begleitet.
Auf argentinischer Seite erkennen wir bereits den mit 3554m höchsten Berg dieser Andenregion, den Cerro Tronador. Abends gibt's dann ein Menü und ein paar kleine Bierchen an der Bar des Hauses.

Am nächsten Tag ist das Wetter wieder bescheidener. Mit dem Bus fahren wir Richtung argentinische Grenze.

Die Einreise in Puerto Frias erfolgte mit ausgesprochener Genauigkeit: Alle haben sich in Reih und Glied aufzustellen, genau in der Reihenfolge wie auf einem Blatt Papier vermerkt. Dann durfte jeder einzeln vortreten und sich seinen Stempel holen.

Mit dem Schiff geht es dann über den See zum eigentlichen Nationalpark Nahuel Huapi. Das Wetter ist windig und kalt - trotzdem harren wir auf dem Oberdeck aus, um von der ganzen Tour etwas mitzubekommen.

Nahe des berühmten Hotels Llau-Llau gehen wir wieder an Land und legen die letzten Kilometer bis zu unserem Hotel "Aconcagua" mit dem Bus zurück.
Das Geldwechseln ist kein Problem, da aber 1 Peso = 1 US$ gilt kann man überall mit dem Greenback bezahlen. Wir tauschen nur 50 US$ für den Fall der Fälle.

Für den nächsten Tag ist eine kleine Tour rund um Bariloche geplant; das Wetter bleibt windig, kalt und regnerisch. Trotzdem fahren wir für die Kleinigkeit von 20 Dollar pro Nase mit einem Lift auf einen kleinen Aussichtsberg. Die Aussicht ist zwar nicht erste Sahne, aber einen guten Überblick erhält man trotzdem. Der Regen wird dann immer stärker und kurz nach Mittag sind wir wieder in Bariloche.
Am nächsten Morgen um 8 Uhr fährt unser Bus nach Chile zurück. Wir haben wieder blauen Himmel und fahren entlang des Nahuel Huapi in nordwestlicher Richtung.

Die Grenzformalitäten gestalten sich wieder etwas schwierig und nach über einer Stunde Aufenthalt rollen wir weiter. Während der Weiterfahrt geht es durch einen feuchten Regenwald, der fast vollständig mit Bartflechten bedeckt ist. Bis sich dann auf der Paßhöhe ein überwältigenden Gebirgs-, Vulkan- und Urwaldpanorama in herbstlichen Farben auftut.

Über Osorno erreichen wir Puerto Montt, wo wir einen freien Tag zum Bummeln durch die Stadt und den Hafen Angelmó nutzen, ehe wir weiter Richtung Patagonien aufbrechen.

Patagonien

Gegen Mittag des nächsten Tages startet unser Flugzeug nach Patagonien - Zielflughafen ist Punta Arenas, mit über 70.000 Einwohners die wohl am südlichsten gelegene Stadt der Welt. Über der Insel Chiloé haben wir noch schönes Wetter, dann bildet sich eine Wolkendecke, die den Blick auf die Laguna San Rafael verhindert.

Aber dann reißen die Wolken doch noch auf und uns bietet sich ein Panorama aus Bergen, Eis und Meer. Wir überfliegen das Paine-Massiv und landen in Punta Arenas. Von dort geht's mit dem Bus ins Zentrum der Stadt. Dabei liegt immer die Insel Feuerland - Tierra del Fuego - vor unseren Augen.
In der Stadt finden wir schnell eine Herberge und pfeifen uns abends noch einen Churrasco und ein paar Bierchen ein.

Am nächsten Tag holen wir unseren Mietwagen, kaufen noch für die nächsten paar Tage ein und verlassen Punta Arenas in nördlicher Richtung. Ziel sind Puerto Natales und der Nationalpark Torres del Paine. Auf der Straße fühlen wir uns fast schon einsam - hinter Puerto Natales sind wir dann allein unterwegs. Über die Pampa geht es weiter, die Bäume wachsen nicht nach oben, sondern "kriechen" mehr am Boden entlang.

Und dann liegt unser Ziel vor uns: Die Torres del Paine recken ihre Zinnen in den abendlichen Himmel des patagonischen Spätherbstes.

Nach kurzer Anmeldung beim Parkranger fahren wir ca. 40 km bis zu einer Hütte, wo wir übernachten wollen.

Bis zum Einbruch der Dunkelheit unternehmen wir noch einen kurzen Spaziergang zu einem Wasserfall. Im Abendlicht erstrahlen die Berge in gelben und orangen Farben.

Dann schleichen wir zu der Hütte zurück, entfachen ein kleines Feuerchen und machen uns über unsere Vorräte her. Da das Innere des "Schlafraums" etwas zu verkeimt war, schläft Steffen im Auto und ich im Zelt.

Tags darauf sind wir zeitig auf, denn es war bärig kalt am Ufer des Sees. Beim ersten Aufstehen strahlt der südliche Sternenhimmel in seiner ganzen Pracht. Ziel des heutigen Tages ist eine Wanderung zu den Torres del Paine. An einer Hosteria lassen wir das Auto stehen und steigen bergan. Die ganze Strecke wird zu einer Berg- und Talbahn, an deren Ende ein steiler Aufstieg steht. Die ganze Zeit ist von den Türmen nichts zu sehen. Aber endlich sehen wir sie wieder: Sie ragen vor uns mehr als 1.000 m senkrecht in die Höhe!

Nach einer Ruhepause in der klaren Bergluft treten wir den Rückweg an. Nach 6 Stunden erreichen wir unser Auto wieder. Die abends erreichte Unterkunft erweist wieder als Rattenloch und diesmal schlafen wir eben beide im Auto - als Einschlafhilfe dient eine Flasche Rum!

Der Lago Grey ist Ziel des nächsten Tages. Zuerst endet unsere Expedition an einem Wasserlauf, der den Weiterweg versperrt. Also heißt es umkehren und einen neuen Weg einschlagen. Über eine Hängebrücke und kurzen Weg durch den Wald erreichen wir eine kleine Halbinsel.

Und da trauen wir unseren Augen nicht: In einem Baum über uns sitzt ein Schwarm lärmender Papageien. An der Spitze der Halbinsel liegt dann der See vor uns. Überall treiben hellblaue Eisberge, die manchmal mit einem knallenden Ton zerbersten.

In der Ferne ist der Greygletscher zu sehen, aber ihn werden wir auf dieser Tour nicht mehr erreichen können, denn dafür sind hin und zurück zwei Tage Fußmarsch einzuplanen.

Aber wir müssen heute noch nach Puerto Natales zurück, denn übermorgen in der Frühe geht unser Flugzeug nach Santiago. Nach Übernachtung in Puerto Natales und einer weiteren in Punta Arenas beginnt er ...

... der längste Tage der Tour. Nach einer Fahrt im Morgengrauen zum Flughafen gehts in mehreren Etappen nach Hause: Puerto Montt, Santiago, Saõ Paulo, Madrid und schließlich Frankfurt, wo wir tags darauf gegen 16:30 Uhr Ortszeit landen.

Dann mit dem Auto noch zurück nach Hause. Das ganze dauerte über 50 Stunden!

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