Patagonien Fitz Roy

Fitz Roy Trekking - El Chaltén

Heute ist wieder zeitiges Aufstehen angesagt, denn um 7:30 fährt der Bus ab und bis jetzt waren immer alle pünktlich. So auch heute und nach einem kurzen Frühstück rumpeln wir los. Die ersten 30 km geht es über Asphalt, dann biegen wir nach links auf eine staubige Piste ab.

Entlang des Ostufers des Lago Argentino fahren wir nach Norden und bereits nach wenigen Kilometern konnte man die Spitzen des Fitz Roy zum ersten Mal kurz sehen, allerdings noch mehr als 100 km Luftlinie entfernt.

An einer Estanzia macht der Bus einen kurzen Stop und wir können uns einen Kaffee und einen Tee kaufen. Zum "Inventar" gehört auch ein junges Guanako, das sich gerne kraulen läßt. Nur Japaner mag es nicht besonders, denn die wollten es gleich mal für ein Bild festhalten und da gab es eben einen Biß in die Hand. Der Busfahrer hielt noch an zwei schönen Punkten an, wo wir noch einmal ein Foto machen konnten. Ansonsten hat man als Buspassagier eher schlechte Karten, denn der Bus hat seinen Fahrplan den er eben auch einhalten muß. Aber wir werden in den nächsten Tagen noch genügend Möglichkeiten haben, die patagonische Bergwelt zu bewundern.

In El Chalten angekommen stoppen wir an der Rangerstation und erhalten eine Belehrung darüber, was wir in den nächsten Tagen dürfen und nicht dürfen. Für jede Verfehlung gibt es ein "Ticket", nur wer soll die alle ausstellen? Aber eigentlich ist es schon o.k., denn hier ist die Umwelt noch völlig intakt und so soll es auch bleiben.

Der Ranger bittet noch um eine kleine Spende, die der Erhaltung der Infrastruktur des Parks zugute kommen soll. Also geben wir jeder 10 Peso in die Spendenkasse des Nationalparks, denn Eintritt als solchen wie am Lago Argentino brauchen wir hier nicht bezahlen.

Mit der Empfehlung heute zu den Torres zu wandern entläßt er uns in die grandiose Bergwelt der patagonischen Anden.


Camp Bridwell


Bei sommerlichen Temperaturen um die 20°C machen wir uns mit den schweren Rucksäcken auf den Weg. Wir sehen zum ersten Mal die Spitzen von Cerro Torre und Fitz Roy aus größerer Nähe, ehe sie hinter einem Bergrücken verschwinden, den wir erst mal überklettern müssen.

patagonien_chile_044.jpg (82361 Byte)Immer wieder kommen Tageswanderer entgegen, die wie die Gazellen herumspringen, während wir unter der Last der Rucksäcke fast zusammenbrechen. Endlich erreichen wir den Mirador Torres!
Die Aussicht ist gigantisch.

Der mit einer Rauhreifkrone überzogene Berg funkelt in der Nachmittagssonne. Es ist schon fast unwirklich, welches Wetterglück wir haben. Normalerweise sieht man die Spitze des Berges sehr selten, denn der mehr als 2.000 m über dem Tal aufragende Berg wird im Westen vom patagonischen Inlandeis begrenzt und ist damit sehr wetteranfällig.

Durch ein langgestrecktes Tal wandern wir weiter Richtung Camp Bridvall. Die kurze Vegetationsperiode läßt hier Millionen wenn nicht gar Milliarden von Schmetterlingsraupen gedeihen, die in jedem Busch hängen und die Bäume kahlfressen. Man kann keinen Schritt machen ohne welche zu zertreten. Es ist schon fast ekelhaft!

Aber dafür wird man auf Schritt und Tritt mit atemberaubenden Ausblicken belohnt: mal schiebt sich eine kleine Wolke um die Bergspitzen von Cerro Torre und Torre Egger oder die Berge spiegeln sich in einem kleinen See. Oder es taucht ein neuer Gletscher "um die Ecke" auf!

Hinter einer kleinen Moräne schlängelt sich der Weg zum Camp Bridwell hoch, das jetzt offiziell De Agostini heißt. Endlich angekommen suchen wir uns einen ebenen Platz für die Zelte und kochen unsere Standardmahlzeit: Spaghetti mit Tomatensoße und Käse.

Dann unternehmen wir noch einen kleinen Abstecher zur Laguna Torre und bleiben etwas in der warmen Abendsonne sitzen. Den Ausflug zum Mirador Maestri am folgenden Morgen werden wir uns schenken, denn besser als von hier aus wird man den Cerro Torre nicht sehen können.


Camp Poincenot


Dank des zeitigen Schlafengehens und des tollen Schlafsacks verpasse ich den Sonnenaufgang. Ich bin um 15 Minuten zu spät! Die Spitzen von Cerro Torre, Torre Egger und Cerro Standhardt leuchten leider nur noch in einem zarten Orange. Na was soll's... Zumindest das Wetter ist wieder Klasse und es scheint ein schöner Tag zu werden, wenngleich Prognosen in diesem Teil der Welt fast unmöglich scheinen. In einer Stunde kann es schon wieder ganz anders aussehen.patagonien_chile_046.jpg (84565 Byte)

Auf dem gleichen Weg des Vortages wandern wir zuerst wieder aus dem Tal heraus, biegen dann aber nach links ab, um über einen kleinen Sattel Richtung Camp Poincenot weiter zu gehen. Dieser Weg ist auf manchen Karten noch als gesperrt markiert, kann aber nach Aussage des Rangers bereits seit 5 Jahren benutzt werden. Er bedeutet eine ziemliche Zeitersparniss, denn sonst hätte man bis in den Ort El Chaltén zurück laufen müssen.

So können wir uns diesen Umweg sparen und durch einen schönen Südbuchenwald steil aufwärts steigen. Oben angekommen geht es weiter durch die auch Lenga genannten Bäume bis zu einem See, wo wir eine kleine Pause einlegen. Eine Tafel Ritter Sport muß mal wieder dran glauben. Am östlichen Ufer des Sees führt der Weg weiter bis dann plötzlich das Massiv des 3405 m hohen Cerro Fitz Roy vor uns auftaucht.

Leider verschlechtert sich jetzt das Wetter etwas und im Camp angekommen beginnt es leicht zu regnen. Wir suchen uns einen Platz hinter einem der zahlreich errichteten Windschutzwände. Aber außer einem Abstecher zum Camp am Rio Blanco passiert heute nichts mehr: Irgendwie ist schon etwas die Luft raus! Wir haben eigentlich schon alles gesehen was wir wollten, Torres del Paine, Lago Argentino und jetzt auch noch Cerro Torre und Fitz Roy bei bestem Wetter. Kalorienmangel und Anstrengung auf der anderen Seite fordern auch langsam ihren Tribut.

Also hocken wir uns vor unsere Zelte in den Wald und freuen uns, als am Abend der Fitz Roy wieder aus den Wolken hervor lugt.


Piedra del Fraile


Wieder bin ich 15 Minuten zu spät aufgestanden. Mir bietet sich das gleiche Bild wie gestern am Cerro Torre. Der Fitz Roy glüht nicht mehr in einem satten Rot wie mir ein Amerikaner versicherte, sondern ist nur noch hellorange. Pech gehabt! Zu meiner Entschuldigung kann ich eigentlich nur anführen, daß ich etwas erkältet bin und ziemlich Halsweh und Husten habe. So tauchte ich wieder tief im Schlafsack ab und hörte beide Wecker nicht, die auf 6:30 Uhr bzw. 6:45 gestellt waren.image

Nach dem Zusammenschlagen der Zelte wandern wir linksseits des Rio Blanco talauswärts. Nach etwa zwei Kilometern erreicht man einen Abzweig, der weiter links zu einer Lagune namens Piedras Blancas führt. Wir klettern über großes Blockwerk bis wir einen kleinen Bach überqueren. Dann drückt der Rücksack aber doch gewaltig und er sinkt zu Boden. Die letzten Meter auf einer Geröllawine klettern wir ohne Last und können noch ein paar schöne Fotos machen. Hinter dem Gletscher erkennen wir die Mermoz- und Guilloumet-Spitzen und ganz links den Fitz Roy. Aber da der heutige Weg noch sehr weit ist, kehren wir der Lagune den Rücken und sammeln unsere Rucksäcke wieder auf. Wir gehen flußabwärts, müssen dann aber wieder zurück laufen um einen Übergang über den Fluß zu finden. Zwei bis drei Kilometer weiter verlassen wir den Nationalpark und müssen uns ab jetzt unseren Weg selbst suchen. Im ausgewaschenen Flußbett führen viele Trampelpfade abwärts und wir halten uns weiter links, erreichen dann einen Wald und finden schließlich einen Pfad, der ab und zu eine Markierung aufweist und eigentlich zu unserem Ziel führen müßte. Unterhalb einer bedrohlich wirkenden brüchigen Felswand, in der es öfters mal poltert, erreichen wir schließlich das Ufer des Rio Eléctrico und sind tatsächlich auf dem richtigen Weg. Jetzt geht es angenehm ohne große Höhenunterschiede durch den schattigen Bergwald weiter.

Ab und zu grasen ein paar Pferde, die aber sehr scheu sind und respektvollen Abstand halten. Es beginnt wieder leicht zu nieseln und wir sind froh, endlich das Camp vor uns zu sehen. Was es zum Abendbrot gab kann sich wohl jeder denken. Nur mit dem Käse haben wir einen kleinen Fehlgriff gemacht - schmeckt irgendwie chemisch sauer. Stunden nach uns trudelt auch ein Trupp Amerikaner ein, die uns kurz nach Piedras Blancas bei einer Rast überholten. Wie gesagt, es führten viele Trampelpfade talauswärts und es gehörte etwas Glück dazu, den richtigen Weg zu finden.


Cerro Eléctrico


Puente Rio ElectricoFür heute war eigentlich eine Tour zum Paso del Cuadrado und eventuell bis hoch zum Cerro Eléctrico geplant, aber erstens macht früh das Wetter nicht so mit und zweitens plagt mich meine Erkältung.

Den beiden anderen geht es noch relativ gut, aber ich hätte auf jeden Fall einen Ruhetag im Camp eingelegt. Denn die mindestens 1.500 Höhenmeter wären heute einfach nicht drin gewesen. Man muß halt auch sehen wo seine Grenzen sind.

Aber Zimmi und Uschi verspüren auch keine allzu große Lust und so beschließen wir unsere Zelte abzubrechen und den langen Rückweg nach El Chaltén anzutreten.

Der Rückweg führt wieder durch den "Märchenwald" - abgestorbene und schief stehenden Bäume säumen den Weg, durch deren Wipfel der Wind pfeift. Nach 1½ Stunden sind wir an der Puente Rio Electrico angekommen, der einzigen Brücke die hier über den Fluß führt. Jetzt liegt nur noch eine ellenlange Lauferei auf einer staubigen Straße vor uns. Wir treffen ein paar Amerikaner, die auf einen Bus hoffen. Da wir aber von der Existenz eines solchen noch nie etwas gehört hatten beschließen wir weiter zu gehen, denn 18 Uhr fährt unser Bus nach El Calafate und den wollen wir unbedingt erreichen.patagonien_chile_049.jpg (77047 Byte)

Ein letzter Blick zurück zeigt noch einmal den Fitz Roy in seiner ganzen Pracht. Nach einer Wegbiegung ist er verschwunden, genau so wie der LKW in einer Staubwolke verschwindet, von dessen Ladefläche uns die Ami's johlend zuwinken. Pech gehabt! Da müssen wir eben weiter latschen. Von der Brücke sollen es ja nur 23 km bis in den Ort sein. Mit den 20 Kilo auf dem Rücken aber eine ziemliche Plackerei. Und das natürlich wieder bei einem schönen patagonischen Gegenwind. Die Amerikaner treffen wir auch bald wieder, der LKW war abgebogen und sie warteten wieder.

Unsere Zungen schliffen fast am Boden, der Weg war staubig, holprig und monoton - Latschen bis zum Horizont war angesagt. Und dann hatte mein nächster Versuch ein Auto anzuhalten endlich Erfolg. Die Rucksäcke flogen auf das Dach und nach 25 Minuten war es geschafft. Genau vor der Bar wo unser Abendbus abfährt setzte er uns ab und freute sich über die 10 Peso Trinkgeld. patagonien_chile_051.jpg (82807 Byte)Und wir erst: Im nächsten Laden wurde erst mal ein Liter Quilmes gekauft, der in unsere durstigen Kehlen rann. Und dann gab es in der Bar eine große Pizza mit Roquefort-Käse und noch ein Bierchen und noch einen Kaffee ...

Vor der Kneipe warten wir dann in der warmen Nachmittagssonne auf unseren Kleinbus. Die Rucksäcke verschwinden im hinteren Kofferraum und werden am Ende der Fahrt wieder aussehen wie die Sau.

Nach ein paar Kilometern leistet unser Fahrer einem anderen Bus Schützenhilfe, bei dem ein Reifen geplatzt war.

Wir hatten in der Zwischenzeit die Möglichkeit ein paar schönen Fotos zu machen. Dafür erreichen wir El Calafate eine Stunde später als geplant und nehmen wieder die gleiche Unterkunft im Hostal Lago Argentino unmittelbar hinter dem Busbahnhof. Für die paar Stunden reicht das allemal, denn es ist fast Mitternacht und 6:15 ist Wecken angesagt, um den Bus nach Puerto Natales zu erwischen. Da wir noch eine gute Woche zur Verfügung haben, der Rückflug von Punta Arenas nach Santiago aber fix ist und nicht umgebucht werden kann, überlegen wir, was wir hier unten noch machen können.
Unser nächstes Ziel wird Ushuaia sein!

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